Eigentlich könnte alles so schön sein: Nach einer meist schwierigen und emotional anstrengenden Trennung scheint es wie eine zweite Chance, einen neuen Partner gefunden zu haben und den Kindern – seien es die eigenen oder die des Partners – wieder ein familiäres Umfeld bieten zu können. Doch in aller Regel verläuft in der neu gegründeten Patchworkfamilie leider nicht alles so glatt, wie man es sich wünschen würde.
Lebst du in einer Patchworkfamilie und fragst dich manchmal, ob die Schwierigkeiten und Konflikte, die dir begegnen, normal sind? Leidest du unter der Situation und willst wissen, ob für deine Patchworkfamilie noch eine Chance besteht? Dieser Beitrag erklärt, warum es oft so schwerfällt ein harmonisches Patchworkfamilienleben zu kreieren und welche Phasen viele Familien durchlaufen, bis es endlich so weit ist.
Inhalt
- 1. Herausforderung Patchwork: Wenn Familie nur noch Stress bedeutet
- 2. Eifersucht in der Patchworkfamilie kann neue Partner, Expartner und Kinder betreffen
- 2.1. Die Liebe zum Partner und zu den Kindern unterscheiden sich voneinander
- 2.2. Expartner fühlen sich oft überflüssig – und werden manchmal auch so behandelt
- 2.3. Konkurrenz für die Kinder: Ein neues, gemeinsames Kind bekommt viel Aufmerksamkeit
- 3. Die Patchworkfamilie zunächst mit räumlicher Trennung „ausprobieren“
- 4. Der Weg zu einer glücklichen Patchworkfamilie ist lang
- 4.1. Entwicklungsphasen der Patchworkfamilie
Herausforderung Patchwork: Wenn Familie nur noch Stress bedeutet
In einer neu gegründeten Patchworkfamilie treffen zwei Lebenswelten aufeinander: Familientraditionen, Regeln und Gewohnheiten unterscheiden sich zwischen Familien oft völlig, was bedeutet, dass der Alltag aller Familienmitglieder erstmal auf den Kopf gestellt wird. Konflikte sind quasi vorprogrammiert.
Außerdem sollte nicht vergessen werden, dass vor der Gründung einer Patchworkfamilie Trennungen stattgefunden haben, die oft schmerzhaft waren. Manchmal ist auch ein Todesfall Grund für die veränderte Familienkonstellation. Wenn dieser Verlust nicht ausreichend verarbeitet wurde, macht es das schwierig, sich auf eine „neue Familie“ einzulassen.
Zusätzliche Faktoren, die die Patchworkfamilie belasten können, sind zum Beispiel Krankheiten, Interkulturalität, ein unterschiedlicher gesellschaftlicher Status, Differenzen beim Thema Kinderwunsch oder auch ungeklärte finanzielle Fragen. Bei all diesen möglichen Problemfaktoren ist es kein Wunder, das Streit und Unzufriedenheit in Patchworkfamilien keine Seltenheit sind.
Eifersucht in der Patchworkfamilie kann neue Partner, Expartner und Kinder betreffen
Eine große Rolle spielt in Patchworkfamilien oft das Thema Eifersucht. Da alle Beteiligten erst noch ihren Platz in der neuen Familienkonstellation finden müssen, kann das große Unsicherheit hervorrufen. Plötzlich gibt es neue Familienmitglieder, mit denen die Aufmerksamkeit und Zuneigung der geliebten Menschen geteilt werden muss.
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Die Liebe zum Partner und zu den Kindern unterscheiden sich voneinander
Der neue Partner oder die neue Partnerin des leiblichen Elternteils muss akzeptieren, dass er oder sie immer nur den zweiten Rang hinter den Kindern belegen kann. Ansonsten kann es zu Konkurrenz zwischen Kindern und Partner kommen. Es ist hierbei wichtig, zwischen Elternliebe und Partnerliebe zu unterscheiden und einzusehen, dass diese verschiedenen Beziehungen nebeneinander bestehen können, ohne miteinander in Konkurrenz zu stehen.
Expartner fühlen sich oft überflüssig – und werden manchmal auch so behandelt
Für den extern lebenden Elternteil ist die Situation ebenfalls schwierig. Er oder sie fühlt sich möglicherweise überflüssig oder wird vom Expartner oder der Expartnerin so behandelt. Teilweise wird er oder sie sogar verleugnet oder der Kontakt zu den Kindern minimiert. Aber selbst, wenn nicht aktiv versucht wird, den extern lebenden Elternteil auszuschließen, ist es oft nicht einfach, mitanzusehen, wie die Kinder beginnen sich in der neuen Patchworkfamilie wohlzufühlen und ihren neuen Stiefelternteil zu akzeptieren.
Konkurrenz für die Kinder: Ein neues, gemeinsames Kind bekommt viel Aufmerksamkeit
Unter den Kindern kann es insbesondere dann zu Konkurrenz und Eifersucht kommen, wenn der leibliche und der Stiefelternteil ein gemeinsames Kind bekommen. Es besteht die Gefahr, dass die Kinder aus früheren Beziehungen nun in den Hintergrund rücken und benachteiligt werden. Auch wenn sich die (Stief-)Eltern Mühe geben, das zu vermeiden, besteht dennoch die wahrgenommene Ungerechtigkeit, dass das neue Kind mit beiden leiblichen Elternteilen aufwachsen darf, während sich die anderen Kinder mit der sehr viel komplexeren Patchworksituation arrangieren müssen. Wenn sie beim extern lebenden Elternteil zu Besuch sind, haben sie Angst, etwas in der Patchworkfamilie zu verpassen, vermissen den Elternteil bei Kontaktreduzierung aber trotzdem.
Manchmal machen sich Kinder auch Sorgen, dass sie bei Fehlverhalten zum extern lebenden Elternteil „abgeschoben“ werden, auch wenn diese Sorge eigentlich unbegründet ist. Deshalb tendieren diese Kinder dazu, angepasster, zurückgezogener und unauffälliger zu sein sowie ihre Pubertät moderater auszuleben. Um positive Aufmerksamkeit von den (Stief-)Eltern zu bekommen, kümmern sich Kinder, vor allem Mädchen, oft um ihr neues Halbgeschwister. Es sollte darauf geachtet werden, die Kinder aus früheren Beziehungen nicht zum Babysitter für das neue Kind zu degradieren.
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Die Patchworkfamilie zunächst mit räumlicher Trennung „ausprobieren“
Der Wunsch nach der Geborgenheit einer „richtigen“ Familie führt oft dazu, dass die neuen Partner zu schnell zusammenziehen. Dadurch werden einerseits die Kinder und Expartner überfordert, andererseits kommt es auch zu den bereits beschriebenen Schwierigkeiten bei der Fusion von zwei Familien mit unterschiedlichen Gewohnheiten und Erziehungsstilen. Mit dem Ziel einer übertriebenen Gleichbehandlung werden diese Unterschiede ignoriert. Außerdem werden Begriffe wie „Stiefeltern“, „Stiefkinder“ oder „Stiefgeschwister“ vermieden. Es steht die Erwartung im Raum, dass Beziehungen auf Anhieb entstehen, wenn erstmal alle unter einem Dach als Familie zusammenleben.
Im Sinne aller Beteiligten kann es daher eine gute Idee sein, nicht zu schnell mit dem neuen Partner zusammenzuziehen, sondern das Zusammenleben als Patchworkfamilie erstmal auszuprobieren. Dies kann so aussehen, dass der neue Stiefelternteil öfter zu Besuch kommt und nach und nach immer mehr in den Familienalltag integriert wird. Somit bekommen neue Partner, Expartner und Kinder die Gelegenheit, sich ohne zu viel Druck zunächst an die neue Situation zu gewöhnen.
Der Weg zu einer glücklichen Patchworkfamilie ist lang
Bis eine Patchworkfamilie gefestigt ist, dauert es ungefähr fünf Jahre. Die ersten zwei Jahre sind die schwierigsten, danach sind die Erfolgsaussichten recht hoch. Außerdem ist die Prognose für die Familie umso besser, je jünger die Kinder sind.
Entwicklungsphasen der Patchworkfamilie
Die Entwicklung von Patchworkfamilien lässt sich in sieben Phasen einteilen:
- „Rosa Brille“: Die Erwachsenen glauben, mit dem neuen Partner würde nun alles besser werden, während die Kinder immer noch darauf hoffen, dass ihre Eltern wieder zusammenkommen.
- Nähe und Irritation: Man entdeckt doch Dinge, die einen am neuen Partner stören. Es kommt zu ersten Konflikten, die aber noch unausgesprochen bleiben.
- Krise: Konflikte werden offener ausgetragen. Man merkt, dass frühere Bewältigungsstrategien in der neuen Konstellation nicht funktionieren, was zu Enttäuschung führt und dazu, die Schuld bei den anderen zu suchen.
- Verletzlichkeit: Konflikte werden direkter. Es entstehen Zweifel an sich selbst und an der Entscheidung für die Patchworkfamilie. Eltern halten vermehrt zu ihren Kindern und eine Trennung steht im Raum.
- Leere: Die Zweifel werden stärker. Bekannte Lösungsstrategien funktionieren nicht, aber es gibt auch keine neuen. Der Kontrollverlust droht und eventuell ist nun Hilfe von außen nötig, zum Beispiel in Form einer Familientherapie.
- Revolution: Die Partner tauschen sich mehr miteinander aus und suchen gemeinsam nach neuen Lösungen. Es gibt wieder mehr Kontakt zu den Expartnern. Man versucht, Dinge zu klären und probiert neue Bewältigungsstrategien aus.
- Konsolidierung: Die Expartner werden stärker einbezogen. Man tut nicht mehr so, als wäre man eine Kernfamilie, sondern steht zu den Besonderheiten der Patchworkfamilie.
Wenn du das Gefühl hast, in einer Phase festzustecken, in der Konflikte und Zweifel im Vordergrund stehen, aber noch keine Lösungen in Sicht sind, kann eine Familientherapie dir weiterhelfen. Das Beziehungszentrum hilft dir gerne, das für dich und deine Familie passende Angebot zu finden.
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